Bach • Encke
Tanja Tetzlaff
CAvi-music 8553078
1 CD • 80min • 2018
22.11.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Jeder Cellist – so scheint es – muss die Bachschen Cello-Suiten aufnehmen. Aber Tanja Tetzlaff wäre nicht die Künstlerin von rarem nachdenklicheren Typus die sie ist, würde sie nicht etwas anders machen. Und so sind es nicht einfach die sechs Suiten (oder drei, die auf eine CD passen würden), sondern auch zwei maßkomponierte Interludien von dem gut 50-jährigen Komponisten Thorsten Encke. Cracks und Clouds jeweils für Cello und vorbespieltes Band.
Nun ist an dieser Einspielung der drei letzten Cello-Suiten von Bach vieles wunderbar. Tanja Tetzlaff spielt mit fast schon altmodisch-modernem Ton: Auf Stahlseiten, voll und resonant, mit dunklem, üppigem Ton – ohne dass man aber gleich im Cello sitzt wie zum Beispiel bei Heinrich Schiff (EMI/Warner). Die fein überartikulierte Preludie von BWV 1010 macht den guten Anfang; flüssig und tadellos geht es dahin, immer weiter… immer eher perfekt als phantasievoll. Beeindruckend bei genauem hinhören aber stylistisch etwas monolithisch. So geht das weiter – von den beiden Encke-Unterbrechungen kurz abgesehen – bis zur erfreulich leichtfüssigen Gavotte BWV 1013 und einer relative kecken Gigue. Nur die Sarabande der D-Dur Suite ist lau, langsam und lahm. Aus der Nähe betrachtet und in Auszügen gehört alles exquisit… am Stück konsumiert allerdings strömt die Aufnahme (seltsamerweise?) gepflegte Seriosität aus, aber in referenzverdächtigem Klang.
Hier wollen die Encke-Interludien helfen, sollen sie den Bach doch interessanter machen. Ob sie das schaffen ist freilich eine sehr subjektiv Frage. Zumindest für sich genommen bieten sie nicht besonders viel. Es klingt nach gurgeln, es klingt nach Rauschstörung, nach Regenstab, nach über’s-Mikrophon-stolpern, und nach Cello-gekratze… und zu dem summt und murmelt und quietscht das gespielte Cello. Nur ganz kurz kommt in Clouds ein Moment, wo sich alles wie zufällig zu einem Hauch ätherischer Schönheit zusammenfindet. Dabei machen die guten sieben Minuten Encke keine zehn Prozent der Gesamtmusik auf der Aufnahme aus: Zu wenig, um wirklich Einfluss zu nehemen, zu viel, um zu stören. Encke-Liebehaber würden sicher mehr davon haben wollen, Bach-Liebhaber weniger. Erstere haben keine andere Wahl; Letztere werden sich wohl eher an Aufnahmen von Queyras, Klinger, oder eventuell Schiff halten wollen, die alle gute, moderne (nicht ‚historisch informierte‘) Standards der gesamten Suiten darstellen.
Jens F. Laurson [22.11.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 für Violoncello solo | 00:21:16 |
Thorsten Encke | ||
8 | Cracks ("On thin Ice") für Violoncello und Tonband (dedicated to Tanja Tetzlaff) | 00:04:02 |
Johann Sebastian Bach | ||
9 | Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 für Violoncello solo | 00:21:52 |
Thorsten Encke | ||
16 | Clouds ("Ice Mirror") für Violoncello und Tonband (dedicated to Tanja Tetzlaff) | 00:03:24 |
Johann Sebastian Bach | ||
17 | Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 für Violoncello solo | 00:27:37 |
Interpreten der Einspielung
- Tanja Tetzlaff (Violoncello)