Spices! Perfumes! Toxins!
Ars Produktion 38 234
1 CD/SACD stereo/surround • 40min • 2017
20.11.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Spices! Perfumes! Toxins! heißt ein Schlagzeugkonzert des jungen, zurzeit vielgefragten israelischen Komponisten Avner Dorman. Die Komposition aus dem Jahr 2006 atmet stark die Klangwelt des östlichen Mittelmeerraums, wie sie überhaupt ein Statement für das Miteinander musikalischer Kulturen setzt. Aber vor allem geht es hier um eine farbenreiche, regelrecht manchmal physische Klangsinnlichkeit. Vorausgesetzt, man ist in der Lage, diese wirklich mit aller Leidenschaft und Konsequenz zu entfesseln – und dies ist der Nordwestdeutschen Philharmonie zusammen mit den beiden Schlagzeugsolisten Dan Townsend und Aron Leijendeckers hervorragend gelungen! Der vorliegenden neuen SACD-Einspielung dieses Werkes muss Referenzcharakter zugestanden werden.
Welch eine Klangfarbenpracht und bis zum Exzess gehende Spiellust inszenieren diese beiden Schlagzeuger, die sonst eher im Hintergrund der Nordwestdeutschen Philharmonie walten! Da werden gleich zu Anfang die Holzplatten eines Marimbafons in Schwingung versetzt. Gemeinsam geht es vorwärts auf einen heißen Synkopenritt. Zuweilen geht es tänzerisch-leichtfüßig voran, bevor sich wie mächtig anrollende Wogen schwere Implse auf Bassdrum und Co. im Wechsel mit satten Orchestertuttis auftürmen. Die reizvoll auf dem Grat zwischen Orient und Okzident tanzende Melodik könnte aus dem Klezmer kommen, leistet sich aber auch Bezüge zu modaler indischer Musik. Und wenn sich das vielgestaltige, omnipräsente Schlagwerk von Townsend und Leijendeckers mal kurzfristig zurücknimmt, öffnen sich viele Fenster für zarte Momente - etwa in Gestalt flirrender Streicherimpressionen. Bei all dem lebt ein tiefempfundenes und zum Bersten vitales Call and Response. Allein das macht spürbar, dass Solisten und Orchester aufeinander eingeschworen sind, während Markus Hubers Dirigat für Zusammenhalt sorgt.
Der Mittelsatz markiert eine Insel der Ruhe und einen sehr logisch wirkenden Gegenpol zur wuchtigen Motorik der Ecksätze. Da leben zarte Impressionen - und es wird auf Farbigkeit und Flächigkeit gesetzt. Gerade hier tritt das Spiel dieser beiden kreativen Schlagwerker aus sämtlichen üblich konnotierten Rollen heraus – vor allem, wenn sich die melodischen Linien des Vibrafons in einer ebensolchen, linear fließenden Rhetorik auf dem Drumset fortsetzen.
Schließlich rollt der mächtige Finalsatz wie eine Lawine aus Klang, perkussiver Wucht und entfesselter Spiellust heran. Die Melodik könnte auch mal an indische modale Skalen erinnern und vereinzelt leuchten jazzige Farben auf. Vor allem: Der thematische rote Faden bleibt weiterhin sehr präsent, die melodischen Themen sind klar auf den Punkt thematisiert, verästeln sich nie zu stark, sondern machen den Dialog zwischen Orchester und dem Schlagzeuger-Duo in jedem Moment zu einem eingängigen und mitreißenden Hörvergnügen.
Dieser Eindruck bleibt auch bestehen bei einem ganz anderen Sujet, welches die CD komplett macht. Paul Dukas einsätzige Tondichtung Zauberlehrling heißt uns willkommen in der duftigen Welt einer verklärten „Fin de Siecle“- Tonpoesie. Um Goethes Geschichte von dem Zauberschüler, dem etwas außer Kontrolle geraten ist, plastisch zu inszenieren, galoppiert diese Musik vital, munter und durchaus mit leicht ironischen Wendungen voran – auch dieses Unterfangen ist bei der spielfreudigen Nordwestdeutschen Philharmonie, die in denkbar besten Händen.
Stefan Pieper [20.11.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Avner Dorman | ||
1 | Spices, Perfumes, Toxins! für Percussion und großes Orchester | 00:27:45 |
Paul Dukas | ||
4 | Der Zauberlehrling (L' Apprenti sorcier, Sinfonisches Scherzo nach Goethe) | 00:11:46 |
Interpreten der Einspielung
- Daniel Townsend (Schlagzeug)
- Aron Leijendeckers (Schlagzeug)
- Nordwestdeutsche Philharmonie (Orchester)
- Markus Huber (Dirigent)