Emile Goué
Musique de chambre Volume 3
Azur Classical AZC 120
1 CD • 73min • 2012
03.11.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Plattenfirma Azur erkundet das Werk Emile Goués, eines beachtlichen französischen Komponisten, geboren 1904, Schüler Koechlins und Protegé Roussels, der lange Zeit als vergessen gelten konnte. Goués früher Tod 1946 mit gerade einmal 42 Jahren hat wohl in einer musikgeschichtlich stürmischen Zeit wesentlich dazu beigetragen, dass sein Œuvre in eine Außenseiterposition gelangte. Nun jedoch reihen sich die von Azur aufgelegten Produktionen, welche bisher besonders Klavier- und Kammermusik Emile Goués beleuchtet haben (Klassik Heute berichtete).
In jedem Fall ist es eine Bereicherung, dass man diesem Komponisten nun wieder begegnen kann. Goués Werk steht beispielhaft für das hohe Niveau des Komponierens im Frankreich der Moderne. Den stärksten Eindruck hinterlassen auf dieser 3. Folge der Reihe mit Kammermusiken die vier kleinen Lieder für Stimme und Streichquartett (Mélodies op. 36), die eine so präzise wie subtil ausgefärbte Aura der Tristesse eröffnen; besonders interessant ist Jour d´automne, welchem die französische Übersetzung von Rilkes „Herbsttag“ aus dem „Buch der Bilder“ zugrundeliegt, das ja passenderweise in Paris entstanden war. Die natürliche, angenehm flächige Stimme des Tenors Damien Top verbindet sich hier schön mit dem leisen zärtlichen Hintergrund des Streichquartetts.
Im Vergleich zu den drei etwas größer dimensionierten Werken für Streicher, dem Sextett op. 33, dem Trio op. 22 und dem Duo op. 34, allesamt Werke der Reifezeit, erweist sich die Kürze der Lieder als Vorteil. In den Instrumentalstücken gibt Goué nämlich manchmal einen Tick zu sehr seinem Hang zu Wiederholungen nach, teils dem wörtlichen Noch-einmal-Sagen, wie es schon für Debussy charakteristisch war, teils Ostinato-Bildungen, welche manchmal zu stark den Verlauf der Musik vorantreiben. Das wirkt in den stärksten Momenten obsessiv, in den schwächeren jedoch redundant rhetorisch wie Spielmusik.
Auch sind die Interpretationen zwar sehr akzeptabel, doch nicht auf höchstem Niveau angesiedelt. Gewöhnungsbedürftig ist das starke Vibrato der Streicher, schwerer jedoch wiegt die Tatsache, dass die Musiker keine wirklichen Einheiten bilden. Am homogensten erscheinen die Duo-Besetzungen im Duo op. 34 für Violine und Violoncello sowie den Fleurs mortes für Violine und Klavier (die übrigens wie das abschließende Lied L´Amitié nie publiziert wurden). Beim Trio op. 22 und vor allem beim Sextett op. 33 bemerkt man jedoch an kleinen Imperfektionen, winzigen Intonationstrübungen, den nicht ganz vorbereiteten Tempowechseln, schließlich an der manchmal etwas zufällig wirkenden Koordination der Phrasierung, dass das Sextett zwar aus guten Musikern besteht, aber nicht tatsächlich ein Ensemble bildet, das über längere Zeit zusammen spielt. Auch ist der Gesamtklang manchmal etwas beengt, den elegisch-kühlen langsamen Satz könnte man sich noch freier ausklingend vorstellen. So haben die Verantwortlichen hier einen guten Anfang für Emile Goué gemacht, dem hoffentlich bald weitere Interpretationen folgen. Den hohen Repertoirewert kann freilich Azur ganz für sich verbuchen.
Prof. Michael B. Weiß [03.11.2014]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Émile Goué | ||
1 | Sextuor à cordes op. 33 | 00:24:59 |
5 | Duo op. 34 für Violine und Violoncello | 00:11:38 |
8 | Trio op. 22 für Violine, Viola und Violoncello | 00:16:46 |
11 | Fleurs mortes Nr. 1 | 00:03:57 |
12 | Fleurs mortes Nr. 2 | 00:03:36 |
13 | Novembres pluvieux op. 36 Nr. 1 | 00:02:21 |
14 | Jour d'automne op. 36 Nr. 2 | 00:03:32 |
15 | Toi qui te connais mal op. 36 Nr. 3 | 00:03:05 |
16 | L' Amitié | 00:02:28 |
Interpreten der Einspielung
- Elmira Darvarova (Violine)
- Kristi Helberg (Violine)
- Ronald Carbone (Viola)
- David Cerutti (Viola)
- Samuel Magill (Violoncello)
- Wendy Sutter (Violoncello)
- Damien Top (Tenor)
- Linda Hall (Klavier)