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Besprechung CD

Gaultier Apollon Orateur

Ramée RAM 0904

1 CD • 66min • 2008

23.11.2009

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Das Ereignis dieser Aufnahme ist nicht nur das sensible, phantasievolle und höchst verfeinerte Spiel Anthony Bailes, sondern auch die Klangpolitik des Toningenieurs, Rainer Arndt, der mit seinen Mikrophonen so nah an das Instrument herangeht, als würde man förmlich in ihm sitzen. Die herrliche alte Laute (Gregori Ferdinand Wenger, Augsburg 1722, restauriert von Paul Thomson, Bristol 2005) kann somit Facetten hören lassen, die wohl jedem, der das so alte wie seltene Instrument nicht selbst spielen kann, sonst notwendig verborgen bleiben müssen – nicht einmal in einem Konzert sitzt man ja so nah an dem Spieler, daß die akustischen Phänomene, die direkt an der Oberfläche der Saiten und des Steges entstehen, direkt hörbar werden. Hier hingegen meint man sogar die Bewegung der Finger auf dem Steg und den Saiten zu hören.

Daß man die Physis des Instrumentes so hautnah mitbekommt, macht – noch ungeachtet des Repertoires oder der Interpretation – den großen Reiz dieser Platte aus. Die Pièces des französischen Lautenkomponisten Denis Gaultier (1603–1672), der zusammen mit seinem Cousin Ennemond die Lautenkomposition des 17. Jahrhunderts weiterentwickelte und übrigens das Genre des „Tombeau“ mehr oder weniger selbst erfand, bestehen aus Préludes, Pavanes, Courantes, Gigues, Sarabandes und Chaconnes, entsprechen also ungefähr der späteren Suitenform. Sowohl in puncto Stimmführung, Erfindung, Harmonik, Rhythmik und Form sind diese Miniaturen höchst komplex; es ist hochinteressant, den einzelnen Verläufen zu folgen, weil die einzelnen Tanzgenres ohne jede Formelhaftigkeit ausgefüllt werden.

Zudem ist die Interpretation durch den britischen Lautenisten Anthony Bailes äußerst faszinierend und gedankenreich. Bailes kam über die Gitarre zur Laute, also sozusagen über den zweiten Bildungsweg, und zählt auch als Wissenschaftler zu den größten Kennern seines Instruments. Es gelingt ihm, ohne jede Effekthascherei, vordergründig historisierende Rhetorik oder antikisierenden Kitsch die Stücke in ruhig ausschwingenden Tempi so unmittelbar darzustellen, daß sie fast wie improvisiert wirken.

Ein übriges tut die bereits beschriebene Klangästhetik: Man kann tatsächlich die Mikrostruktur des Instrumentes, einer der wenigen noch spielbaren Lauten des Barock, studieren und klangliche Entdeckungen machen, für die man das Instrument sonst fast selbst in die Hand nehmen müßte. So könnte die Inspiration für diese außergewöhnliche Edition und deren eigene Klangästhetik, fast paradoxerweise in der Avantgarde liegen, in den Instrumentenerkundungen der Komponisten etwa um Helmut Lachenmann, welche uns gelehrt haben, daß Klang und Geräusch eines Instrumentes nicht nur über die bloße Spielkonvention hörbar gemacht werden können.

Prof. Michael B. Weiß [23.11.2009]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Denis Gaultier
1Pièces en sol majeur in G 00:18:50
8Pièces en la mineur in a 00:15:11
Ennemond Gaultier
14Chaconne in C 00:02:47
Denis Gaultier
15Pièces en fa majeur in F 00:11:40
Ennemond Gaultier
20Chaconne in F 00:04:35
Denis Gaultier
21Pièces en si mineur in b 00:12:53

Interpreten der Einspielung

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