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Besprechung CD

Satie

Surprises
Christina Bjørkøe Piano

OUR Recordings 8.226929

1 CD • 60min • 2025

29.05.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

In diesem Jahr 2025 jährt sich der Todestag des großen französischen Exzentrikers Erik Satie (1866–1925) zum 100. Mal, und aus diesem Anlass widmet ihm das dänische Label OUR Recordings ein Album mit Klaviermusik. Wie so häufig setzt das Label dabei auf sorgfältig ausgewählte dänische Künstler, in diesem Fall die Pianistin Christina Bjørkøe, die natürlich gerade dem an dänischer Musik interessierten Musikfreund durch etliche Veröffentlichungen bei cpo, Classico oder Dacapo ein Begriff ist; bei OUR Recordings scheint sie mit diesem Album indes ihr Debüt zu geben.

Überraschungen aus Saties Schaffen über drei Jahrzehnte

Wenn das Programm Satie Surprises überschrieben ist, dann nicht nur im Hinblick auf die ganz spezielle Natur der Satie’schen Musik selbst, sondern ebenso sehr im Sinne der Repertoireauswahl auf dieser CD. Keine Gnossiennes oder Gymnopédies, also mit Absicht nicht die allerpopulärsten Zyklen, von den (natürlich schon etwas weniger) bekannteren Stücken stattdessen die Airs à faire fuir aus den Pièces froides, die Avant-dernières pensées oder die ersten drei der Nocturnes, und dazu speziell auch zahlreiche kleinere Stücke aus dem Nachlass, eine bunte Zusammenstellung, die in locker gefügter, nicht chronologischer Reihenfolge Saties Schaffen von 1890 bis 1920 abdeckt.

Momente des Zögerns und des Innehaltens

Eigene Akzente setzt Bjørkøe in noch stärkerem Maße durch ihr Spiel. Grundsätzlich gehen ihre Interpretationen von langsamen, gemessenen Tempi aus, in dieser Hinsicht etwa Reinbert de Leeuw ähnelnd, ohne dies zum Dogma zu erheben. So nimmt Bjørkøe das erste der Airs à faire fuir sehr getragen, das zweite dagegen begreift sie viel fließender, ebenso wie (im Vergleich zu einigen anderen Interpretationen) das Prélude de la porte héroïque du ciel. Dabei sind ihre Lesarten durchzogen von Momenten des Zögerns, Innehaltens, vielen kleinen Zäsuren, oft eher eine Musik des Moments, der intensiv ausgekostet, verinnerlicht wird. Bjørkøes Satie besitzt eine gewisse Erdenschwere, ein Ansatz, der sich weniger durch filigrane Klarheit und transparente Texturen auszeichnet als vielmehr durch einen eminenten Sinn für ambivalente, ineinander verschwimmende Stimmungen, einhergehend mit einer relativ großzügigen Pedalisierung und sensibler Phrasierung.

Zahlreiche eindringliche und eindrückliche Facetten

Natürlich könnte man dabei hier und da diskutieren, ob nicht etwa die Sechzehntelgirlanden im zweiten der Nocturnes oder die dritte der Avant-dernières pensées mehr Leichtigkeit vertragen könnten. In der Totalen aber fördert Bjørkøes Ansatz sehr viele spannende, bemerkenswert expressive und eindringliche Facetten zutage. Dies macht sich gerade in den zahlreichen (vermeintlichen) Nebenwerken bemerkbar, die Bjørkøe sehr ernst nimmt und so (Kontrapunkt-)Studien wie Fâcheux exemple, Désespoir agréable und andere in kleine Preziosen verwandelt mit sorgfältig differenziertem Anschlag und allerhand vorzüglich herausgearbeiteten Nebenstimmen, die hier teilweise eine regelrecht kolorierende Wirkung entfalten.

Eine gelungene Satie-Hommage

Der Begleittext von Torben Enghoff liefert eine gelungene, gut geschriebene Einführung in Saties Leben und Musik, wobei bereits das Beiheft selbst darauf hinweist, dass die einzelnen Stücke auf dieser CD nicht im Detail diskutiert werden – obwohl die Auswahl selbst und manche der seltener zu hörenden Stücke vielleicht doch einen Kommentar wert gewesen wären. Die Trackliste hätte etwas detaillierter und übersichtlicher aufbereitet werden können; die drei abschließenden Stücke jedenfalls nicht weiter spezifiziert als Préludes I–III aus Préludes (1888–1892) zu bezeichnen, ist für mich ein editorischer Lapsus: tatsächlich handelt es sich um die drei Préludes aus der Bühnenmusik zu Le fils des étoiles (1891/92), und dieser Titel sollte hier entsprechend genannt werden, um Verwechslungen zu vermeiden. Dessen ungeachtet handelt es sich um eine insgesamt ungemein gelungene Satie-Hommage mit starker persönlicher Note. Hörenswert!

Holger Sambale [29.05.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Erik Satie
1Petite ouverture à danser 00:01:30
2Facheux exemple 00:01:10
3Effronterie 00:01:59
4Airs à faire fuir Nr. 1 (D'une manière très particulière - aus: Pièces froides I) 00:04:16
5Airs à faire fuir Nr. 2 (Modestement - aus: Pièces froides I) 00:01:19
6Airs à faire fuir Nr. 3 00:03:35
7II. Son binocle, Très lent, s'il vous plait (aus: Trois valses distinguées du précieux dégoûté) 00:01:22
8Profondeur 00:01:48
9I. Idylle, à Debussy, Modéré, je vous prie (aus: Trois avant-dernières pensées) 00:01:11
10II. Aubade, à Paul Dukas, Pas vite (aus: Trois avant-dernières pensées) 00:01:25
11III. Méditation, à Albert Roussel, Un peu vif (aus: Trois avant-dernières pensées) 00:00:59
12Nocturne Nr. 1 00:03:36
13Nocturne Nr. 2 00:02:37
14Nocturne Nr. 3 00:03:21
15Froide songerie 00:00:44
16Prélude canin 00:01:03
17Deux rêveries Nr. 1 00:01:37
18Deux rêveries Nr. 2 00:02:27
19Prélude de la porte héroïque du ciel 00:04:34
20Songe-creux 00:01:56
21Caresse 00:01:48
22Poésie 00:00:55
23Désespoir agréable 00:00:53
24Nostalgie 00:01:05
25Prélude Nr. 1 00:04:27
26Prélude Nr. 2 00:02:49
27Prélude Nr. 3 00:04:23

Interpreten der Einspielung

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