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Besprechung CD

Paul Lincke

Overtures Vol. 2

cpo 555 448-2

1 CD • 66min • 2020

20.02.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Was für die Engländer Edward Elgars Pomp and Circumstance ist für die Berliner Paul Linckes Marsch Das ist die Berliner Luft: die inoffizielle Landeshymne. Bei den Waldbühnenkonzerten der Philharmoniker gehört sie zum abschließenden Pflichtprogramm und Claudio Abbado wie Daniel Barenboim und Simon Rattle haben sie mit Schmackes exerziert. Lincke (1866-1946) gilt als der Vater der Berliner Operette, aber merkwürdigerweise begegnet man hier (wie auch anderswo) seinen Bühnenwerken kaum noch. Gelegentlich wird Frau Luna (1899) noch gespielt, in deren erweiterte zweiaktige Version (1922) der besagte Marsch mit aufgenommen wurde. Volker Klotz findet in seinem umfassenden Standardwerk „Operette – Porträt und Handbuch einer unerhörten Kunst“ nur wenige Worte für den Komponisten und seine Frau Luna, der er „Mollen-Provinzialismus“ vorwirft. Auf den Plot mag dieses Verdikt zutreffen, die Musik allerdings ist alles andere als provinziell. Das habe ich jetzt beim Hören dieser CD begriffen, nachdem ich lange mit Lincke das mir nicht besonders sympathische „Schultheiss“-Berlin assoziiert hatte. Großes Kompliment also vorab an das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt und seinen fabelhaften Dirigenten Ernst Theis.

Wechselfälle des Erfolgs

Lincke hatte musikalische Erfahrungen als Orchestermusiker (Fagott) und Kapellmeister gesammelt und Musik für einige Gesangspossen und Varietés komponiert, als er sich 1897 mit Venus auf Erden erstmals in der in Berlin noch nicht etablierten Gattung der „burlesk-phantastischen Operette“ versuchte. Danach war er anderthalb Jahre in Paris als Dirigent an den weltberühmten Folies-Bergères tätig und hatte dann, zurück in Berlin, den großen Durchbruch mit Frau Luna. Ein paar Jahre schrieb er regelmäßig einaktige Operetten für das Apollo-Theater, doch zog er sich danach wieder auf Revuen zurück, wobei Donnerwetter tadellos! (1908) in geradezu sprichwörtlicher Weise den wilhelminischen Offizierskult persiflierte.

Wie Stefan Frey in seinem kenntnisreichen und konzisen Booklet-Text anmerkt, begann Linckes Ruhm bereits vor Ausbruch des 1. Weltkriegs zu verblassen. Die „roaring twenties“ gingen in künstlerischer Hinsicht an ihm vorüber, denn er ignorierte die amerikanische Unterhaltungsmusik dieser Zeit, in Besonderheit den Jazz, und galt mit seiner Ouverture zu einer Revue (1928) bereits als Fossil einer vergangenen Zeit. Von den Nazis wurde er dann hofiert, nachdem seine jüdischen Kollegen vertrieben worden waren. Seine Ouvertüre zu einer Festlichkeit von 1933, die erst drei Jahre später zu seinem 70. Geburtstag Premiere hatte, ist als eine Art Rückblick auf sein Lebenswerk zu verstehen.

Schwerelos und genau

Lincke war zeitlebens ein Traditionalist, der als Musiker seine französischen und österreichischen Vorgänger genau studiert hatte, besonders Offenbach liebte. Und lauscht man der hier vorliegenden Ouvertüren-Sammlung, hört man da kaum Preußisches, dagegen viel Pariser Flair und Wiener Nostalgie. Und wie fein die Partituren gearbeitet sind, machen die Brandenburger Musiker vorbildlich hörbar. Unter der beschwingten, dabei detailgenauen Leitung von Ernst Theis finden sie zu einem eleganten, schwerelosen Klang.

Ekkehard Pluta [20.02.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Paul Lincke
1Frau Luna (Operette in zwei Akten) 00:05:29
2Nakiris Hochzeit oder Der Stern von Siam (Operette) 00:07:21
3Ein Liebestraum (Operette) 00:07:58
4Im Reiche des Indra (Operette) 00:08:17
5Sinnbild (Walzer) 00:07:14
6Brandbrief-Galopp 00:02:16
7Das blaue Bild (Operette) 00:08:56
8Ouvertüre zu einer Revue 00:07:47
9Ouvertüre zu einer Festlichkeit 00:10:31

Interpreten der Einspielung

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