Anzeige

Teilen auf Facebook RSS-Feed Klassik Heute
Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD/SACD stereo/surround

Malevich Ensemble

Saint-Saëns • Tanejew

Ars Produktion ARS 38 351

1 CD/SACD stereo/surround • 58min • 2021

23.12.2022

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Wenn die vorliegende CD als Debütalbum des Malevich Ensembles firmiert, dann ist das genau genommen eher die halbe Wahrheit, denn unter seinem früheren Namen (Malevich Piano Quartet) und damals noch mit anderer Pianistin war das 2015 in Maastricht gegründete Ensemble bereits an einer CD-Produktion mit Kammermusik des holländischen Komponisten Hans Kox beteiligt. Nun aber bringt das aus Musikern aus Russland, Moldawien und Luxemburg bestehende Ensemble erstmals ein zur Gänze eigenes Album mit Klavierquartetten von Saint-Saëns und Tanejew heraus. Im Fall von Saint-Saëns haben die Musiker nicht sein Opus 41, sondern ein frühes Quartett in E-Dur ausgewählt, das erst Anfang der 1990er Jahre publiziert, seitdem aber bereits einige Male auf CD eingespielt worden ist.

Ansprechendes Jugendwerk und prachtvolles Opus der Reifejahre

Saint-Saëns’ Quartett entstand in den Jahre 1851 bis 1853, also zwischen der Jugendsinfonie in A-Dur und der Sinfonie Nr. 1 in Es-Dur, und aus diesen beiden Eckpunkten ergeben sich auch seine ungefähren stilistischen Koordinaten. Insbesondere wird man immer wieder deutliche Anklänge an deutsche Musik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vernehmen, angefangen mit (frühem bis mittlerem) Beethoven, eher weniger dagegen die in der A-Dur-Sinfonie noch recht präsenten Mozart-Einflüsse. Lyrische Passagen (wie das Thema des langsamen zweiten Satzes) haben oft einen volksliedhaften Einschlag. Das Konzept, die Thematik des ersten Satzes aus der langsamen Einleitung heraus zu entwickeln, hat Saint-Saëns in der Es-Dur-Sinfonie erneut aufgegriffen. Ein hübsches, manchmal noch etwas uneinheitliches Werk, in dem aber stellenweise sehr wohl bereits der Reifestil des Komponisten durchschimmert. Tanejews Klavierquartett entstand dagegen auf dem Zenit seines Schaffens, ein Werk von orchestraler Prägung, prachtvoll, klangmächtig und dicht gearbeitet vom Überschwang des ersten Satzes über das hymnische Melos des Adagios bis hin zu den Konflikten des Finales, das über eine Fuge schließlich in einen ruhigen, „seraphischen“ Ausklang mündet, dessen Atmosphärik irgendwo zwischen melancholischem Rückblick und stiller Befriedung schwebt.

Gute Neueinspielung von Saint-Saëns’ E-Dur-Quartett

Die Einspielungen des Malevich Ensembles sind in vielerlei Hinsicht sorgfältig gearbeitet und bewegen sich insgesamt auf einem ausgesprochen soliden Niveau. Kleinere Mängel wie gelegentliche intonatorische Schwächen in höheren Lagen (z.B. Finale des Tanejew-Quartetts, Ziffer 203/204) oder eine Tendenz zum Hasten in der punktierten Rhythmik des Moll-Seitenthemas in Saint-Saëns’ Quartett sind eher Randnotizen und schmälern den insgesamt sehr ordentlichen Eindruck nicht entscheidend. Im Quartett von Saint-Saëns muss sich das Ensemble nicht vor der Konkurrenz verstecken: die (intonatorisch etwas problematisch) Ersteinspielung durch das Quatuor Elyséen übertrifft es, zum Quartetto Avos ist es eine gleichwertige Alternative mit etwas anderen Schwerpunkten (das Quartetto Avos betont die romantischen Seiten stärker, das Malevich Ensemble nimmt z.B. den Finalsatz spritziger). Ganz das Niveau des Mozart-Klavierquartetts (MDG), das eine extrem differenzierte Lesart bietet mit einem Esprit, der sogar manche etwas floskelhafte Passage wie das Ende der Exposition im 1. Satz oder Teile des Finalsatzes noch veredelt, erreicht das Malevich Ensemble nicht, aber insgesamt ist man mit dieser Einspielung gut bedient.

Schwächer ist die Interpretation des Tanejew-Quartetts: auch dies eine kultivierte Einspielung, der aber das Pathos, die große Geste und der lange Atem dieses Werks etwas abgehen. So lässt Tanejew sein Quartett erst einmal kühn in der „falschen“ Tonart Dis-Dur im Klavier allein beginnen und führt die Musik dann erst über Umwege nach E-Dur, das bei Ziffer 1 im Fortissimo largamente mit dem ersten Einsatz der Streicher (mit Oktaven in Violine und Viola) erreicht wird. Das Malevich Ensemble berücksichtigt hier zu wenig die tonartlichen Spannungen, die größeren Bögen, und der massive, ja grandiose Einsatz der Streicher gerät zu verhalten. Ähnliches gilt für viele der quasi-orchestralen Steigerungen, an denen das Werk nicht eben arm ist. So bleibt der Eindruck eines solide aufspielenden Ensembles, das aber die Wucht der Partitur (mit Spielanweisungen wie „quasi tromba“!) bei weitem nicht so konsequent ausreizt wie etwa Elisso Wirsaladse gemeinsam mit Mitgliedern des Tanejew-Quartetts.

Eine gute Visitenkarte

Der Klang der CD ist etwas trocken, entspricht aber insgesamt guten modernen Standards. Etwas ärgerlich (aber natürlich explizit keine Kritik am Ensemble) sind freilich Mottos à la mode wie „Taste the Best – Die Stars von morgen“ (dies der Name eines Preises bzw. Förderprogramms). Alles in allem eine gute Visitenkarte für das junge Ensemble insbesondere mit sehr ansprechender Repertoirewahl.

Holger Sambale [23.12.2022]

Anzeige

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Camille Saint-Saëns
1Quartett Es-Dur für Violine, Viola, Violoncello und Klavier (o.op.) 00:19:58
Sergej Tanejew
4Quartett E-Dur op. 20 für Violine, Viola, Violoncello und Klavier 00:38:18

Interpreten der Einspielung

Das könnte Sie auch interessieren

23.12.2022
»zur Besprechung«

Malevich Ensemble, Saint-Saëns • Tanejew
Malevich Ensemble, Saint-Saëns • Tanejew

16.03.2022
»zur Besprechung«

Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1
Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1

12.08.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1
Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1

10.04.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244
Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244

Anzeige

Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

Anzeige