Paul Wranitzky
Symphonies opp. 37, 50 & 51
cpo 777 943-2
1 CD • 72min • 2014, 2016
28.10.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
„Vergesst Mozart!“ hat Wolfgang Antesberger ironisch ein Buch betitelt, das zum Mozartjahr 2006 darauf hinweisen wollte, dass Mozart zu seiner Zeit bei weitem nicht der beliebteste oder gar erfolgreichste Komponist war. Er hätte darin auch Paul Wranitzky (1756-1808) einbauen können. Der Komponist sollte ursprünglich Priester werden, wurde aber Musiker, und zwar ein exzellenter Geiger. 1780 wurde er Musikdirektor des Grafen Johann Baptist Eszterházy von Galantha, 1785 Direktor des Kärntnertortheaters und ab 1787 Mitglied des Burgtheaterorchesters, 1793 bis zu seinem Tode „Director bei der Violine“ in den beiden Hoftheatern.
„Tonsezer von sehr fruchtbarem Genie“
Als Komponist war Wranitzky sehr fleißig: 12 Opern hat er geschrieben, 15 Ballett- und 16 Schauspielmusiken, viele Kammermusikwerke und mindestens 47 Sinfonien – von denen aber nur 23 publiziert sind. Als Komponist von Sinfonien war er Liebling von Kaiserin Maria Theresia. Neue Forschungen lassen zudem nahelegen, dass nicht von Mozart, sondern von Paul Wranitzky die Melodie der österreichischen Bundeshymne stammt.
Vieles davon kann man dem ausgezeichneten und ausführlichen Booklet (Text: Bert Hagels in Deutsch und Englisch) entnehmen, das auch die drei hier gespielten Symphonien äußerst differenziert und genau in der Abfolge beschreibt, sogar mit sekundengenauen Track-Angaben. Darin wird ein zeitgenössischer Rezensenten zitiert, der Wranitzky als einen „Tonsezer von sehr fruchtbarem Genie“ bezeichnet, betont aber auch, dass die Sinfonien „erkennbar dem Modell Haydns“ folgen, „freilich nicht ohne individuelle Akzente zu setzen“.
Rasantes Spiel
Diese „individuellen Akzente“ sind überaus zahlreich, originell und anmutig, elegant ohne Rokoko-Verzopftheit und durchweg fröhlich. Diese Musik versprüht allenthalben gute Laune. Und sie tritt durchaus selbstbewusst auf.
Alle drei Sinfonien haben langsame Einleitungen wie bei Haydn. Rolf Gupta animiert die NDR Radiophilharmonie zu in den schnellen Sätzen rasantem, fetzig-frechem Spiel, zu gut herausgestellter widerborstiger, an Beethoven gemahnender Synkopik, zu hart-markanten und punktgenauen Tutti-Schlägen, zu deutlicher Präsentation der oft überraschenden Modulationen. In den kehrausartig wirbelnden Finalsätzen herrscht federnde Trampolin-Rhythmik. Immer betont Rolf Gupta das Tänzerische und manchmal Tänzelnde, das unermüdlich Voranschreitende: Nie tritt die Musik auf der Stelle.
Heiter-verspielte langsame Sätze
In den langsamen Sätzen herrscht genüsslich-schwelgerische Serenaden-Atmosphäre und orchestrale Liedhaftigkeit, in der Sinfonie op. 37 sogar garniert mit Papageno-Flöten-Läufen. Die Menuette kommen mal pompös, mal vorschriftsmäßig schreitend daher. Aber am schönsten, variabelsten und einfallsreichsten erwiesen sich die langsamen Sätze. Sie sind durchweg heiter-verspielt und manchmal träumerisch, haben nicht den verschmitzten Witz wie bei Haydn, sondern sind eher handfest aber immer klangvoll. Die Musiker schreiten dies so genüsslich aus, als wandelten sie durch die verschlungenen Boskette des Rokoko-Gartens des Schlösschens in Veitshöchheim.
Man hätte durchaus über eine schlankere kammermusikalische Besetzung nachdenken können – aber die volle Orchesterbesetzung verleiht diesen Symphonien eine bedeutsame Wucht, eine Bedeutsamkeit, die auch der volltönende und wohltönende, hervorragend eingefangene Raumklang des Großen Sendesaals des NDR unterstreicht.
Rainer W. Janka [28.10.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Paul Wranitzky | ||
1 | Sinfonie G-Dur op. 50 | 00:25:48 |
5 | Sinfonie D-Dur op. 37 | 00:21:59 |
9 | Sinfonie A-Dur op. 51 | 00:24:34 |
Interpreten der Einspielung
- NDR Radiophilharmonie (Orchester)
- Rolf Gupta (Dirigent)