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Besprechung CD

Trio Adorno

In The Shadow
Piano Trios by Mozart Martinů Mendelssohn

arcantus arc 22029

1 CD • 71min • 2021

12.10.2022

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Das Trio Adorno hat für seine Debüt-CD „In the Shadow“ drei Klaviertrios bedeutender Komponisten gewählt, die nur selten zu hören sind und somit „im Schatten“ stehen. Den Anfang macht Wolfgang Amadeus Mozarts d-Moll-Trio KV 442, das aus drei fragmentarischen Sätzen von Maximilian Stadler, dem Adressaten des berühmten Klarinettenkonzerts, zusammengestellt und vollendet wurde. Diesem folgen das Trio Nr. 3 von Bohuslav Martinů und das zweite Trio Felix Mendelssohn Bartholdys.

Trios im Schatten

Constanze Mozart beauftragte nach dem Tod ihres Mannes verschiedene Freunde, bislang nur Skizziertes zu vollenden. So ergänzte Franz Xaver Süßmayr das Requiem. Abbé Maximilian Stadler verdanken wir die d-Moll-Fantasie für Klavier und das Trio KV 442 (um 1785) in derselben Tonart. Es gehört dem Typus der konzertanten Klaviersonate mit Streicherbegleitung an. Der Kopfsatz hat mit seinen Modulationen in weit entfernte Tonarten „Sturm und Drang“-Charakter. Der Mittelsatz in G-Dur ist ein Menuet en Rondeau, das Finale ein zweiter Sonatensatz in D-Dur. Stadler hat die drei einzeln überlieferten Sätze zusammengestellt, um offensichtlich Fehlendes erweitert und dadurch gerettet. Ob sie wirklich zusammengehörten, muss auf ewig offen bleiben.

Daran schließt sich das dreisätzige, gemäßigt moderne, neoklassizistische dritte Klaviertrio in C-Dur von Bohuslav Martinů an, das im pathetischen langsamen Satz die punktierten Rhythmen der barocken Ouvertüre aufgreift und mit einem virtuos-brillanten Finale endet.

Mendelssohns c-moll-Trio op. 66 ist hinsichtlich Balance und technischen Ansprüchen an den Pianisten ein Problemkind der Gattung. Charles Rosen führt dessen Finale in seiner Studie „The Romantic Generation“ im Kapitel „Religion in the Concert Hall“ als Musterbeispiel für religiösen Kitsch in weltlicher Musik an. Grund hierfür ist die Verwendung der Choralmelodie „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ – identisch mit „Vor Deinen Thron tret‘ ich hiermit“ ,vergl. Erstdruck der Kunst der Fuge – als Material des hierdurch „wohlige Frömmigkeit“ verbreitenden C-Teils dieses Rondos, die zum Schluss noch für die krachende Apotheose der Coda herhalten muss. Darüber scheint sich der junge Johannes Brahms amüsiert zu haben, als er das Rondothema Mendelssohns im Scherzo seiner f-Moll-Sonate op. 5 wesentlich dramatisch-wirkungsvoller aufgriff und dieselbe Choral-Technik dann in deren Finale verwendete. Allerdings wird dort mit dem „Lied der Deutschen“ gespielt. Die barock präludierenden Arpeggien im Hauptthema des Mendelssohn-Kopfsatzes werden im Brahms-Klavierquartett op. 60 wieder auferstehen.

Die Frage der Balance

Dass Lion Hinrichs das Adorno-Trio vom Klavier aus dominiert, hatte ich bereits in meiner Besprechung des Semifinales des ARD-Wettbewerbs 2018 kritisch angemerkt. Dieser Ansatz funktioniert bei Mozart-Stadlers „Trio concertant“, stößt bei Mendelssohn jedoch an arge Grenzen. Dies liegt vorrangig an dessen ungewohnt vollgriffigem Klaviersatz, der allerdings auf den Instrumenten um 1840 schon aufgrund der weitaus klangärmeren tiefen Lage weniger massiv wirkte und auf dem Steinway nur von ausgesprochenen Virtuosen so transparent gehalten werden kann, dass die Streicher nicht überdeckt werden. Hier erkennt das Trio Wanderer aufgrund sorgfältigerer Analyse, dass viele kleine Notenwerte kein Grund sind, sich dort in den Vordergrund zu spielen, wo die Streicher das thematisch wichtigere Material vortragen. Der Martinů gelingt gemeinsam mit Christoph Callies und Samuel Selle jedoch durchaus überzeugend.

Klangtechnisch hätte man den Streichern vielleicht etwas helfen sollen. Die Jahreszahl 1788 im sonst informativ gestalteten Booklet erschließt sich mir nicht.

Fazit: Die CD lohnt sich vorrangig für den wirklich kaum bekannten Mozart und auch für den interessanten Martinů. Beim Mendelssohn ist das Trio Wanderer aufgrund drängenderer Tempi in den Ecksätzen, mehr Ruhe im Andante und größerer Präzision im heiklen Scherzo überlegen.

Vergleichsaufnahme: Mendelssohn op. 66, Trio Wanderer (Harmonia Mundi France).

Thomas Baack [12.10.2022]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Wolfgang Amadeus Mozart
1Klaviertrio Nr. 2 d-Moll KV 442 00:21:45
Bohuslav Martinů
4Trio Nr. 3 C-Dur H 332 für Klavier, Violine und Violoncello 00:20:20
Felix Mendelssohn Bartholdy
7Trio Nr. 2 c-Moll op. 66 für Violine, Violoncello und Klavier 00:29:01

Interpreten der Einspielung

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