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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Beethoven

String Quartets, Op. 18 Nos 1-3

BIS 2488

1 CD/SACD stereo/surround • 77min • 2019

11.12.2021

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Jedes Streichquartett, das auf sich hält, wird sich im Laufe seiner Karriere der Quartette Ludwig van Beethovens annehmen. Das Chiaroscuro-Quartett tut dies auf historischen Instrumenten und versucht die Aufführungspraxis um 1800 wiederzubeleben. Das bedeutet im Idealfall: kaum Vibrato, dafür mehr Portamenti bei Lagenwechseln eine durch die leichteren Bögen ermöglichte größere Flexibilität in Artikulation und Dynamik und die Beachtung der aus dem Spätbarock tradierten Rhetorik.

Haydn, aber seriös und dramatisch

Beethovens op. 18 entstand in den Jahren 1798/99 als Auftragskomposition für das Hausquartett des Fürsten Lichnowsky, dem der Zyklus final auch gewidmet wurde. Die Widmung der um einige Takte längeren Frühfassung von op. 18,1 ging allerdings an den Primarius dieses Quartetts, Carl Amenda. In diesem frühen Zyklus ist das Vorbild Joseph Haydns noch durchaus spürbar. Am deutlichsten wohl im sogenannten „Komplimentier-Quartett“ op. 18,2, das beispielsweise im Finale mit einem Repriseneintritt in der Mediante E-Dur für bewusste Desorientierung des Hörers sorgt. Harmonisch gibt sich Beethoven durchaus experimentell, indem er auf kürzestem Weg in weit entfernte Tonarten moduliert. Kanons und Fugati sind an der Tagesordnung. Dabei verzichtet er bewusst auf Divertimentoartiges, wie (Doppel)-Variationen oder Final-Rondos. Ein knapp Dreißigjähriger, der seine Künste demonstriert.

Virtuos, aber nicht völlig durchdacht

Das Chiaroscuro-Quartett besteht ohne Frage aus vier Musikern, die ihre Instrumente technisch perfekt beherrschen, über reiche Farben und eine große dynamische Spannweite verfügen. Allerdings wirken manche Entscheidungen nicht recht durchdacht. Details werden gerne einem oberflächlichen Drive geopfert, der leicht in Hektik umschlägt. Dies war bereits bei der Einspielung von Haydns op. 76 zu konstatieren und zeigt sich hier wieder. Exemplarisch mag an dieser Stelle auf den Mittelsatz von op. 18,1 eingegangen sein. Über einer Begleitung aus repetierten Achteltriolen entfaltet sich eine melancholische Melodie in der ersten Geige. Hier ist der Einsatz von Alina Ibragimova zu wenig präsent. Sie schleicht sich in das Geschehen hinein, anstatt wie eine Primadonna zu dominieren. Auf dem langen Schwellton wäre ein Vibrato auch in der Stilistik des 18. Jahrhunderts durchaus angemessen gewesen. Die sich gegen Ende immer präsenter zeigenden drehenden 32.-Figuren – ist es der Todeshauch des Schicksals oder ein eisiger Windhauch über Juliens Grab – wird gleichmäßig cool wiederholt, ohne sich rhetorisch zu steigern. Vorher werden die genau ausnotierten Generalpausen nicht sauber durchgezählt. Die Triolen des Hauptthemas im Finale werden wegen eines Übermaßes an Drive nicht genau markiert, sondern als virtuose Geste verkauft, obwohl Beethoven in der ersten Fassung nur Allegretto vorschrieb. Ähnlich unüberlegt die Gestaltung des Quadrupelgriffs im Kopfsatz von op. 18,2 Takt 12: Hier gehört der Melodieton definitiv auf den Schlag, so dass die Brechung vorher erfolgen muss.

Die Aufnahmetechnik realisierte ein äußerst breites Dynamik und Klangfarbenspektrum. Der Booklet-Text von Richard Wigmore gibt eine kluge und instruktive Einführung in die Werke.

Fazit: Eine brillante, aber nicht bis ins letzte Detail durchdachte Einspielung. Wer diese Werke „historisch informiert“ hören möchte, sollte zur Einspielung mit durchweg ruhigeren Tempi des Quatuor Mosaïque greifen. Als nicht-historische Alternative empfiehlt sich immer noch die elegante Lesart des Emerson-Quartetts.

Vergleichsaufnahmen: Quatuor Mosaïque (Naïve), Emerson String Quartet (DG).

Thomas Baack [11.12.2021]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven
1Streichquartett Nr. 1 F-Dur op. 18 Nr. 1 00:28:38
5Streichquartett Nr. 2 G-Dur op. 18 Nr. 2 00:22:48
9Streichquartett Nr. 3 D-Dur op. 18 Nr. 3 00:24:22

Interpreten der Einspielung

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