Hugo Alfvén
Complete Symphonies Vol. 2
cpo 555 237-2
1 CD • 65min • 2018
29.04.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Hugo Alfvén (1872-1960) war der erste von drei Komponisten – außer ihm noch Stenhammar und Peterson-Berger –, die um 1900 die schwedische Symphonik auf internationales Niveau hoben. Dabei etablierte Alfvéns Verbindung von höchster Instrumentationskunst, durchaus einem Richard Strauss ebenbürtig, mit Eingang von Volksmusikelementen auch in musikalische Großformen ein nationales Idiom, das wegweisend für viele skandinavische Komponisten vor dem Zweiten Weltkrieg werden sollte.
Die dritte Symphonie Alfvéns in der hellen Tonart E-Dur, 1905 im sonnigen Italien begonnen, hat er selbst als einen Hymnus auf das Glück bezeichnet. Der langsame Satz ist ein wahres Kleinod. Die volkstümliche Melodik besticht, auch satzübergreifend einheitsstiftend: So wirkt das Trio des Scherzos wie eine Reminiszenz des Seitenthemas aus dem Kopfsatz. Stimmung durch differenzierteste Orchesterfarben hat Vorrang vor symphonischer Entwicklung: prächtigste Spätromantik irgendwo zwischen Grieg und Mahler. Die viersätzige Suite aus dem Ballett Der Bergkönig (1925) zeigt sich klanglich noch mehr verfeinert, mit fast impressionistischen Zügen, während die Uppsala-Rhapsodie von 1907 mit den eingearbeiteten Studentenliedern ein schwedisches Pendant zu Brahms‘ Akademischer Festouvertüre darstellt.
Von Alfvéns Symphonien gab es bis jetzt zwei Gesamtaufnahmen unter Neeme Järvi (BIS) und Niklas Willén (Naxos). Kann da die Neueinspielung mit dem DSO Berlin unter Lukasz Borowicz, der auf cpo u.a. mit den Orchesterwerken Andrzej Panufniks geglänzt hat, punkten? In einer Hinsicht auf alle Fälle: Die Präzision einzelner Gruppen (z.B. Holzbläser, besonders Flöten im 3. Satz der Symphonie) wie auch deren Zusammenspiel ist bei Borowicz durchwegs eine Klasse besser als in obigen Aufnahmen. Zwar passieren auch hier ein paar Kleinigkeiten (Unterschied zwischen punktierten Duolen und Triolen beim Blech im Finale?) – jedoch wird die immer gekonnte Umsetzung einer durchsichtigen Klangbalance der oft dicht wuchernden Instrumentation Alfvéns gerecht. Die Architektur bleibt so jederzeit verständlich und Borowicz wählt entsprechende Tempi, die nie überhastet sind – im Gegensatz zu Järvi. Schade, dass die Aufnahmetechnik dies nicht noch weiter unterstützt: Der Klang der CD hat kaum Tiefenstaffelung und ist insgesamt etwas matschig; das war allerdings auch bei BIS und Naxos nicht anders. Ausdrucksmäßig gelingt dem polnischen Dirigenten eine überzeugende Wertschätzung von Alfvéns Melodik und Agogik, hinreißend stimmungsvoll die Klangkombinationen in Bergakungen. Borowicz‘ Lesart der Symphonie neigt aber stellenweise zu triefendem Pathos (u.a. 2. Satz, Zif. 5 bzw. 14), was in Verbindung mit fröhlich unbefangenem Militarismus im 4. Satz heute befremdlich wirken kann. Hier traf Willén zumeist den goldenen Mittelweg. Trotzdem ist die Berliner Darbietung natürlich sehr gediegen mit vielen schönen Momenten und einem Dirigenten, der seine Absichten aufs Genaueste auf ein Spitzenorchester zu übertragen weiß; für eine echte Offenbarung fehlen aber wirklich neue oder überraschende Aspekte.
Vergleichsaufnahmen: Royal Stockholm Philharmonic Orchestra, Neeme Järvi (1989/92, BIS-1478 CD, Royal Scottish National Orchestra, Niklas Willén (1996, Naxos 8.553729)
Martin Blaumeiser [29.04.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Hugo Alfvén | ||
1 | Der Bergkönig op. 37 (Suite) | 00:14:45 |
5 | Sinfonie Nr. 3 E-Dur op. 23 | 00:39:29 |
9 | Uppsala Rhapsody op. 24 | 00:10:45 |
Interpreten der Einspielung
- Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (Orchester)
- Łukasz Borowicz (Dirigent)