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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Johannes Brahms

The Complete Solo Piano Music • Volume 4

BIS 2137

1 CD/SACD stereo/surround • 82min • 2016

03.03.2017

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Der Brite Jonathan Plowright geht mit seinen Brahms-Interpretationen aufs Ganze und spielt auf mehreren CDs das Gesamtwerk für Klavier solo dieses Komponisten ein. Die vorliegende Ausgabe befasst sich mit einem wahrhaft kolossalen Unterfangen für Komponist und Interpret: Johannes Brahms ließ sich von Paganinis Violincapriccio Nr. 21 zu einem vielgestaltigen Variationen-Kosmos inspirieren, der aber wegen seiner ausgiebigen Länge nur selten im Ganzen aufgeführt wird. Jonathan Plowright widerlegt hier jedes Vorurteil von irgendwelcher Langatmigkeit. Vielmehr macht sein Spiel die erstaunliche Dichte an musikalischen Ideen und dahinter stehenden Seelenzuständen sehr unmittelbar erfahrbar. Hinzu kommt, dass Plowright für die Gesamt-Dramaturgie dieses Tonträgers auf eine kluge „A B A“ - Strukturierung setzt: Das erste Buch der Brahmsschen Paganini-Variationen erstreckt sich über das erste Drittel dieser CD, dann folgt ein Mittelteil- bevor auch die weiteren, spieltechnisch und expressiv noch gewagteren Variationen des zweiten Buches für ein furioses Finale sorgen.

Paganinis melodisch-signalhaftes, lebendig figuriertes Thema bietet sich für fantasievolle Kapriolen und Ableitungen geradezu an – das hat nicht nur den Erfindergeist eines Johannes Brahms angesteckt! Letzterer stellte mit Paganinis berühmtem „Rohmaterial“ viel mehr an, als einfach nur rhythmische Varianten und spieltechnische Vertracktheiten aufzutürmen. So sehr Brahms schon an Beethoven anknüpfte, so sehr weist nicht zuletzt seine Aufassung von Variationenprinzipien in die Zukunft und auch schon in die Moderne. Souverän demonstriert Jonathan Plowrights Interpretation, dass hier in jedem Moment neue Räume betreten werden und sich viele dynamische Extreme und Klangwelten vereinen. Auf zupackende, tief einfühlsame Art weiß der Brite seine Hörer in diese Vielgestalt mitzunehmen. Hellhörig analysiert sein Spiel die vertrackte Mechanik der zahllosen Figurationen, wie er auch in den ruhigen Parts die innere Poesie nuancenreich erfühlt. Wer hier trickreich harmonische Querverbindungen zwischen den Stimmen mutig heraus stellt, legt offen, wie verblüffend experimentell diese Brahms-Kompositionen daherkommen. Plowright stellt solche Aspekte eher mit subtiler Zurückhaltung heraus - hier wäre sicherlich noch mehr Luft nach oben! Doch dafür hat er wohl zu sehr das große Ganze im Blick.

Der „Mittelteil“ zwischen den Variationen besteht aus Balladen, Rhapsodien und anderen Stücken – das kreiert einen ausgewogenen Mix aus tief verinnerlichten Ruhepolen und punktuellen hochenergetischen Ausbrüchen. Wie ein rätselhaftes Nocturno mutet die erste Ballade an. Wie ein friedlich vorbei fließender Bach perlen die Sechsachtel in der Zweiten. Ein markantes Thema rüttelt wach für die erste Rhapsodie, welche - ebenso wie die folgenden Stücke – in ein fast sinfonisch-disparates Geflecht führen. Bis irgendwann der Moment des Wiederhörens mit dem Paganini-Thema erreicht ist. Dieses erscheint mit der melodischen Sprache von Brahms zu diesem Zeitpunkt fast seelenverwandt: Denn es ist immer der originäre Einfall einer großen, tiefempfundenen Melodie, welche die Kernsubstanz für sämtlich hier von Plowright so souverän aufgezeigte klangliche Fantasie und atmosphärische Bandbreite liefert.

Stefan Pieper [03.03.2017]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johannes Brahms
1Variationen über ein Thema von Paganini a minor op. 35 00:14:19
16Ballade d-Moll op. 10 Nr. 1 (Edward-Ballade) 00:04:50
17Ballade D-Dur op. 10 Nr. 2 00:06:18
18Ballade h-Moll op. 10 Nr. 3 (Intermezzo) 00:03:58
19Ballade H-Dur op. 10 Nr. 4 00:09:25
20Rhapsodie h-Moll op. 79 Nr. 1 00:08:41
21Rhapsodie g-Moll op. 79 Nr. 2 00:05:55
22Intermezzo h-Moll op. 119 Nr. 1 00:04:23
23Intermezzo e-Moll op. 119 Nr. 2 00:04:54
24Intermezzo C-Dur op. 119 Nr. 3 00:01:19
25Rhapsodie Es-Dur op. 119 Nr. 4 00:05:18
26Variationen über ein Thema von Paganini a minor op. 35 00:11:07

Interpreten der Einspielung

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