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Besprechung CD

Kammermusik für Querflöte und Violine

Thorofon CTH2626

1 CD • 66min • 2015

01.12.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Manchmal sind es gerade nicht die naheliegendsten Instrumentenkombinationen, die besonders überzeugend wirken. So auch im vorliegenden Falle in der Duo-Verbindung von Querflöte und Violine. Die beiden Musiker treten in dieser Konstellation seit 2011 zusammen auf. Beider enge persönliche Verbindung spiegelt sich nicht zuletzt in einen außerordentlich fein aufeinander abgestimmten Zusammenspiel.

Es war eine kluge Entscheidung, das stilistisch so unterschiedliche Repertoire nicht nach dramaturgischen Gesichtspunkten, sondern chronologisch zu ordnen. Somit umschiffte man erfolgreich die Klippen einer künstlich wirkenden, gesuchten Zusammenstellung.

Ich gestehe, dass ich ob der ungewöhnlichen Besetzung zunächst etwas skeptisch war, insbesondere bezüglich der Balance und klanglichen Vielfalt. Zu meinem Erstaunen und meiner Freude gelingt es aber den beiden Musikern vorzüglich, die Aufmerksamkeit des Hörers von Anfang bis Ende zu halten.

Zum einzigen Schwachpunkt der Aufnahme möchte ich gleich zu Beginn kommen: Boismortiers Duo-Sonatensammlung op. 51 (veröffentlicht 1734 in Paris) war ein absolutes Novum für diese Besetzung und ist in seiner geschickten Wahl der Mittel (etwa die Violine größtenteils akkordisch spielen zu lassen) ein Meisterwerk musikalischer Ökonomie. Hier erwähnt der CD-Text eigens „gespielt auf einer Holzquerflöte“. Auf welcher und weshalb? Klanglich unterscheidet sich das eingesetzte Instrument kaum von der „normalen“ Metall-Flöte, die Valerio Fasoli im weiteren Verlauf der Aufnahme spielt. Vielleicht war es ja der (nicht wirklich überzeugende) Versuch, der Interpretation einen „historisch informierten“ Anstrich zu geben. Hier setzt meine Kritik an. Etliche, für die französische Barockmusik ebenso essentielle wie charakteristische Verzierungen werden missverstanden bzw. fehlen ganz, so etwa die vor der Zeit zu spielenden durchgehenden Coulements (meist terzverbindende Vorschlagsnoten von oben) bzw. die in ihrer Affektbedeutung unterschätzte Rolle der Gestaltung der Triller oder das Flattement.

Damit aber zu den Punkten, die mich umso mehr überzeugt haben: Fasolis Flötenspiel ist von hoher Brillanz, klangschön und ausgewogen in allen Registern, Katharina Fasoli-von Harten ist eine Partnerin auf Augenhöhe, die mit kraftvollem Zugriff ebenso zu fesseln weiß wie mit lyrisch-feinen Passagen. Überhaupt: Einer der größten Vorzüge dieser Einspielung ist ihr außerordentlich natürlich wirkender, nicht beschönigender Klang. Fast hat man den Eindruck, einem Live-Konzert beizuwohnen: präsent und doch von angenehmem Raumambiente.

Es ist kein Wunder, dass Bernhard Molique in seinem Duo Concertant beiden Instrumenten Musik quasi auf den Leib geschneidert hat, war er selbst doch ein bekannter Violinvirtuose. Dem Flötenpart hat sicher sein Freund und Duopartner, der bedeutende Flötist und Flötenbauer Theobald Böhm beratend zur Seite gestanden. Sein Duo gehört zur Gattung virtuoser Salonmusik, wie sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts mehr und mehr in Mode kam. Dies möchte ich keineswegs abwertend verstanden wissen, denn Moliques Duett ist trefflich komponiert und vergnüglich zu hören. Als Weltersteinspielung erscheinen hier die 1980 entstandenen Variationen über ein Thema von Paisiello op. 107 des ungarischen Komponisten Jenö Takács, eine herrlich lebendige, ebenso pfiffige wie ausdrucksstarke Spielmusik mit zahlreichen musikalischen Anspielungen, etwa an das Anfangsmotiv aus Debussys Prélude à l’après-midi d’un faune oder an die Verbunkos der ungarischen Folklore. Das Thema der Variationen ist dabei nicht ganz unbekannt: Schon der junge Beethoven verwendete es als Grundlage seiner Klaviervariationen über das Duett „Nel cor più non mi sento“ aus Paisiellos 1788 entstandener Oper L’amor contrastato. Harald Genzmers konzises Divertissement von 1962, ein spieltechnisch und musikalisch anspruchsvolles Werk, ist ein ebenso würdiger wie fulminanter Abschluss des Programms. Nicht unerwähnt lassen möchte ich den vorbildlichen Begleittext zur CD. Hier ist der Münchner Musikwissenschaftlerin Dr. Maria Goeth ein guter Kompromiss aus fundiertem Hintergrundwissen und kurzer, aber treffender Charakterisierung der Werke gelungen.

Ich habe diese CD mit wachsender Begeisterung gehört und kann sie (mit den oben erwähnten kleinen Einschränkungen) auf das wärmste Empfehlen.

Vergleichseinspielung: Boismortier op. 51: Grégoire Jeay und Olivier Brault, ATMA Classique, ACD 22212

Heinz Braun † [01.12.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Joseph Bodin Boismortier
1Sonata G-Dur op. 51 Nr. 1 00:10:49
5Sonata e-Moll op. 51 Nr. 2 00:08:57
9Sonata D-Dur op. 51 Nr. 3 00:10:55
Bernhard Wilhelm Molique
13Duo Concertant G-Dur für Querflöte und Violine 00:11:08
Jenő Takács
14Variationen über ein Thema von Paisiello op. 107 00:16:22
Harald Genzmer
26Divertissement 00:07:36

Interpreten der Einspielung

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