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Besprechung CD

Naji Hakim Orgelwerke / Organ Works

Ambiente ACD 2032

1 CD • 67min • 2014

30.04.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Zu einem fast schon topischen Ausdruck ist der einer „zeitgemäßen musica sacra“ geworden, mit der man Werke meint, die auf dem Feld der Kirchenmusik, auf dem sie entstanden sind, interessant sind, zudem auch handwerklich sicher, weil sie meist von den Orgelvirtuosen selbst geschrieben werden. Weil diese Stücke in ihrem eindeutigen Bezug auf ältere Autoritäten, oft auch in Bezug auf ihre Funktion, bewußt konventionell gehalten sind, fällt es aber oft schwer, Impulse und Anregungen für das zeitgenössische Komponieren zu entdecken.

Im besten Sinn liegen mit den vier hier eingespielten Stücken Naji Hakims Beispiele einer solchen zeitgemäßen musica sacra vor. Der 1955 im Libanon geborene Hakim wurde maßgeblich von Jean Langlais ausgebildet. Als Organist errang er in Paris höchste Ämter, zunächst das des Titularorganisten der Basilika Sacré-Coeur de Montmartre, dann von 1993 bis 2008 als Nachfolger Olivier Messiaens an der Église de la Trinité. Eben zu Jean Langlais und zu Olivier Messiaen, weiterhin auch zu Charles Tournemire und anderen Meistern, stellt Naji Hakim in den hier vorlegten Hauptwerken, die zwischen 1984 und 1990 entstanden sind, explizite Referenzen her, wie der sehr gute Begleittext des Organisten Christoph Kuhlmann mit vielen Zitaten des Komponisten selbst informiert. So verwendet Hakim neben einer rhythmischen Prägung durch Strawinsky und Bartók auch gregorianische Melodien, orientalische Tonleitern sowie die Modi Olivier Messiaens.

Die Symphonie in drei Sätzen (ein Titel, der auf Strawinskys Orchestersymphonie verweist) steht exemplarisch für dieses Komponieren. Der erste Satz ist über weite Strecken ein- oder zweistimmig gehalten und stark rhythmisch bestimmt, wobei man die metrische Vielfältigkeit weniger wahrnimmt als ein ziemlich regelmäßiges, gut klingendes, machtvolles Unisono; wirkungsvoll, weil bedrohlich, sind die Crescendi, die den ersten Satz beschließen. Der zweite Satz erinnert an Messiaens unendliche Klangmixturen, während das Finale mit seinem häufig durchbrochenen Satz den größten Gestaltenreichtum erreicht. Man kann sich kaum vorstellen, dass man das besser spielen könnte als der an der Essener Folkwang-Hochschule ausgebildete Christoph Kuhlmann, der alle vier Werke mit größtem Klangsinn und nicht zuletzt formal bezwingend realisiert.

Vor allem die ersten drei, jeweils eine gute Viertelstunde langen Stücke zeigen freilich auch, daß das Material stets ein wenig zu selbstähnlich ist, in sich geschlossen, was ja auch schon bei Messiaen problematisch wurde, gerade bei ausufernden Formen. Zugegeben werden muß aber auch, dass sich in The Embrace of Fire eine größere Spannbreite von rhythmischen Situationen ergibt, besonders in der effektvollen Toccata zu Beginn. An dem Memor pour Grand Orgue gefällt gerade die schwere, konduktartige Masse, die Christoph Kuhlmann an der Seifert-Orgel der Marienbasilika Kevelaer auch voll auskostet; elektrisierend wirken hier schnelle Ostinati, die auch einmal eine formale Dramaturgie über einen kurzen Satz hinweg verwirklichen helfen. Am interessanten ist die abschließende Hommage á Strawinsky, vielleicht, weil Hakim hier seine Musiksprache öffnet und, wie er selbst sagt, einen „allgemein imitative[n] Schreibstil“ pflegt, der etwa in eine höchst amüsante Petruschka-Passage mündet. Dieses Stück ist nicht ohne Grund auch das kommunikativste, weil es statt abstrakter Klänge auch einmal Bilder verwendet. Im Ganzen aber ist dies eine sehr instruktive Produktion.

Prof. Michael B. Weiß [30.04.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Naji Hakim
1Symphonie en trois mouvements 00:15:28
4The Embrace of Fire 00:15:04
7Memor pour Grand Orgue 00:14:34
8Hommage à Igor Strawinsky 00:21:22

Interpreten der Einspielung

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