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Besprechung CD

cpo 777 655-2

2 CD • 2h 05min • 2011

27.01.2014

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Wäre er in Italien zur Welt gekommen, etwa als Fernando Risolo oder so ähnlich, würde man Ferdinand Ries als tüchtigen Opernkomponisten kennen. Denn seine - in Italien spielende - Oper Die Räuberbraut aus dem Jahr 1828 kann es mit so manchem Produkt aus der italienischen Opernfabrik des frühen Neunzehnten Jahrhunderts gewiß aufnehmen: eine gediegene Arbeit, die in jedem Takt den Könner, den versierten, gebildeten Musiker verrät. Kaum zu glauben, dass ein Werk dieses Formats der totalen Vergessenheit anheim gefallen ist und in den meisten Opernführern nicht einmal erwähnt wird. Ferdinand Ries (1784-1837) besitzt als Komponist von Klavier- und Instrumentalmusik einen ehrenhaften Rang, aber dass er Opern geschrieben hat – insgesamt vier Stück – dürften wohl nur die allerwenigsten wissen. Und die Räuberbraut war einst sogar ein großer Erfolg.

Nennt man den Namen Ries, dann folgt wie unter Magnetwirkung der Name Beethoven. Ferdinand Ries, Beethoven-Schüler, Beethoven-Freund, Briefpartner, Biograph. Ein Künstlerleben, durchtränkt von der Aura und Macht seines großen Meisters. Und Beethoven ist auch in der Räuberbraut stets gegenwärtig, freilich nur in gemäßigter Dosis. Bereits die Ouvertüre mit ihren Fidelio-Anklängen lässt aufhorchen. Überhaupt Fidelio – da gibt es immer wieder Verwandtes, sogar der markante Befehl Pizarros „Er sterbe!“ kommt vor. Aber auch Weber trägt sein Scherflein dazu bei, denn die Räuberchöre lassen an Lützows wilde, verwegene Jagd denken. Und schließlich gibt auch Rossini seine Visitenkarte ab, mit den Koloraturgirlanden für Sopran und Tenor. Nichts Zusammengestohlenes, aber eine Art mixtum compositum, eine Bestandsaufnahme des zeitgenössischen musikalischen Etats. Allerdings auch kein Schritt weiter. Und da liegt die Crux der Sache, denn in der Kunst kann sich nur das Fortschreitende durchsetzen. Immerhin, gemessen an den Opernwerken von Louis Spohr oder Konradin Kreutzer schneidet Ries mit seiner Räuberoper gar nicht übel ab.

An eine Bühnenaufführung ist wohl nicht zu denken, daran trägt der läppische, täppische Text die Schuld, ebenso die unzumutbar-naive Handlung. Das hängt dem Werk wie ein Bleigewicht an. Lauter Pappendeckelfiguren, ohne Sinn für Dramaturgie. In jeder Hinsicht bedauernswert ist die Hauptfigur, die Räuberbraut, die aus ihrer Verzweiflung, aus ihrem singenden Händeringen nicht herauskommt und erst im Finale ans glückliche Ziel gelangt: indem sie anstelle des für sie ausersehenen Räuberhauptmanns (Baß) dem Tenor die Hand reicht. Tenöre haben eben seit jeher das Anrecht auf den Preis.

Ganz hervorragend ist die Wiedergabe durch das WDR Sinfonieorchester Köln unter Howard Griffiths Leitung gelungen. Solosänger, Chor – alle famos und mit Begeisterung dabei. Ruth Ziesak, Sängerin der Titelrolle, ist für ihren Einsatz zu ehren, die Rolle ist schwierig, verlangt geradezu ein Leonoren-Volumen. Ihr ist das schönste Stück der Oper zugewiesen, eine Romanze am Beginn des zweiten Akts, die sich fast mit Agathes Wie nahte mir der Schlummer vergleichen lässt. Eine prächtige Leistung bietet Thomas Blondelle als tenoraler Liebhaber, mit schlanker, beweglicher Stimme und – was ihm nicht übel genommen werden darf – leicht ironischem Beiklang. Yorck Felix Speer singt genauso, wie man sich einen singenden Räuberhauptmann vorstellt: gleichsam schwarzbärtig, mit tiefgrimmigem Baß.

Es ist immer problematisch, in solchem Fall von einer Entdeckung zu reden. Doch eine notwendige Rehabilitierung des verschollenen Opernkomponisten Ries ist mit dieser Edition vollauf gelungen.

Clemens Höslinger [27.01.2014]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ferdinand Ries
1Die Räuberbraut op. 156

Interpreten der Einspielung

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