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Besprechung CD

Pervez Mody plays Scriabin Vol. 1

Thorofon CTH 2570/2

2 CD • 2h 27min • 2008

03.11.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Sich den Werken von Alexander Scriabin im Sinne ihres Erfinders zu nähern, ist und bleibt eines der schwierigsten Dinge für einen Pianisten überhaupt. Denn seine über die Maßen freie, streckenweise geradezu labile Musik ist kaum in unserem durch Taktstriche organisiertem Notensystem festzuhalten – die Töne sicherlich und auch die große Richtung, nicht aber die in ganz eigenen Bahnen verlaufende gestalterische Freiheit sowie ein gewisses Quantum Verrücktheit, das Scriabins Genie erst freizulegen vermag. Vermutlich auch deshalb gelingen die beeindruckendsten Leistungen auf diesem Gebiet eher exzentrischeren Zeitgenossen, allen voran sicherlich Anatol Ugorski.

Auch der indische Pianist Pervez Mody bringt diese freie Lesart sowie einen gewissen Hang zur Selbstinszenierung in sein Scriabin-Projekt ein. Seine bereits auf dem Cover feurig züngelnde erste CD bietet eine Zusammenstellung aus allen Schaffensperioden des Komponisten, von der spätromantischen cis-Moll-Etüde bis hin zum unbeschreiblichen ekstatischen Gleißen von Vers la flamme. Mody ist ein sehr guter Pianist und ein lustvoller Musiker: die technischen Probleme bewältigt er mit Esprit, seine Pedalisierung ist erfreulich schlank, aber vor allem verfügt er über ein äußerst farbenreiches Klangspektrum und einen fantasievollen, improvisatorisch wirkenden Zugang zu Scriabins inneren Welten. Vorbildlich gelingen ihm vor allem die frühen Préludes op.11, die noch ganz im Bann des Chopinschen Vorgängers stehen. Mody erfüllt die 24 Miniaturen mit Intensität in allen dynamischen Graden und findet für jedes Stück einen eigenen Platz in der weiten Fläche zwischen Chopin und Scriabin. Bewundernswert auch, wie er die boshaften manuellen Schwierigkeiten der beiden Morceaux op. 9 für die linke Hand allein in frei atmendes Melos transformieren kann und sich im Poéme tragique nicht in pompösem Herumgedonner verliert.

Leider beschneidet er ausgerechnet in den beiden komplexesten Stücken auf dieser CD – der vierten Sonate und Vers la flamme – sein eigenes Können durch allzu schrankenlose Willkür. Hier brechen Scriabins stetig anwachsende, subtil an den Nerven zerrende Linien immer wieder unter Modys Tick zusammen, dem großen rhythmischen Puls bis zur Unkenntlichkeit auszuweichen und ihn streckenweise sogar zu verfälschen. So kann der unerbittliche Sog nicht entstehen, den diese Werke brauchen, um sich in rauschhaftem Strahlen selbst zu verbrennen.

Pervez Mody hat seiner Aufnahme noch eine zweite CD beigelegt, die er Sound Fantasies nennt. Darauf sind die gleichen Einspielungen als Teil einer Klangcollage mit verschiedensten Klängen und Geräuschen wie Kampfgetümmel, Vogelstimmen, Pferdegetrappel und Meeresrauschen zu hören. Der Pianist tritt als Rezitator eigener Gedichte in Erscheinung und hat sich auch ansonsten sehr viel einfallen lassen, um seine persönlichen Assoziationen zu Skrjabins Werken in ein ganz eigenes Klanggewand zu kleiden. Und durch diese total subjektive Natur entzieht sich die B-Seite für mich jeder Kritisierbarkeit, denn hier gibt es keine verbindlichen Maßstäbe mehr. Manche werden sie hochinteressant finden, für andere wird sie ein furchtbares Sakrileg sein. Auf jeden Fall aber macht sie Pervez Modys Scriabin-CD zu einem individuellen und mutigen Experiment, wofür auch der Plattenfirma Thorofon großer Respekt gebührt. Man darf gespannt sein auf die Manifestation des Volume 2!

Henri Ducard [03.11.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Alexander Scriabin
1Poème tragique op. 34 00:03:36
2Etüde cis-Moll op. 2 Nr. 1 00:02:53
324 Préludes op. 11 00:31:39
27Zwei Stücke für die linke Hand op. 9 00:08:23
29Valse As-Dur op. 38 00:06:24
30Deux Poèmes op. 32 00:05:05
32Klaviersonate Nr. 4 Fis-Dur op. 30 00:08:22
34Poème Vers la Flamme op. 72 for Piano 00:05:55

Interpreten der Einspielung

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