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Besprechung CD

Trio Accanto So near so far

edition zeitklang 4032824000481

1 CD • 80min • 1994

24.06.2009

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Im Falle verstorbener Komponisten sind die Rollen in der Regel klar aufgeteilt: Das musikalische Kunstwerk steht auf dem Sockel seiner vollzogenen Monumentalisierung, während sich seine Interpreten aus unterschiedlicher Richtung um Annäherung bemühen. Die Musik der Gegenwart durchkreuzt dieses Verhältnis: Hier fungiert nicht selten ein Ensemble als feste Institution und verlässliche Bezugsgröße, um von der Komponistenschar regelmäßig mit neuem Material versorgt zu werden.

Verdienstvoll ist in dieser Hinsicht das Anliegen, mit dem die Edition Zeitklang solche Beziehungen zwischen Komponisten und „ihren“ Lieblingsensembles dokumentiert. Die jüngste Veröffentlichung des Labels rückt nun das erstaunliche Trio Accanto ins Rampenlicht. Bereits 1992 gegründet, fusioniert hier die ungewöhnliche Konstellation aus Saxofon nebst Piano und Perkussion und hat auch schon auf allen Festivals von Witten bis Donaueschingen für viel Furore gesorgt. „So near so far“ ist bereits die Zweite Veröffentlichung des Ensembles auf diesem Label.

Bernfried Pröve, Manuel Hidalgo, Erhard Grosskopf, Yuval Shaked, Jörg Birkenkötter und Jo Kondo haben im Laufe der letzten zehn Jahre für dieses Trio komponiert. Im Erkennen seiner spezifischen Qualitäten, dieses schillernden, höchst wandelbaren Potenzials, scheint hier höchste Übereinkunft zu bestehen, davon zeugt die hier nun vorliegende CD. Da ist das expressive, sich stetig erneuernde Spiel des Saxofonisten Marcus Weiss – er lässt die Hörner gurren und jubeln, bringt Klänge, Töne und Flagoletts zum schweben, beherrscht mal offensiv das Geschehen, um dann ganz detailversessen und subtil Hintergründe zu kolorieren. Pianistin Yukiko Sugawara und Schlagzeuger Christian Dierstein nähern ihre Spielästhetik so geschmeidig und intuitiv einander an, dass es oft fraglich ist, wo die eine endet und der andere beginnt – rhythmisch impulisiv, geräuschhaft-flächig, impressionistisch ausmalend, gleich linear wie impulsiv!

Auf so einer Grundlage können die hier präsentierten Komponisten lustvoll aus dem Vollen schöpfen. Entsprechend ist das Hörerlebnis reich an Wandlungen und Entwicklungen. Bernfried Pröves Frottage – I-III fordert leichtfüßig zu imaginären Tänzen heraus, bevor immer harscher werdende Synkopen jede landläufige Vorstellung von Metrum auflösen, um dann – und das soll wie ein roter Faden fast alle Beiträge durchziehen – in die unberechenbare Welt von Zufallskonstellationen, abstrakten polymetrischen Vernetzungen und Loops vorzustoßen. Oft atmet die Musik in gleichmäßigen, stoßweisen Impulsen, steht mitunter fast auf der Stelle – das mutet vom Bewegungsgestus (aber auch nur in dieser einen Hinsicht!) zuweilen fast wie bei Morton Feldman an. Manuel Hidalgos Monotonie setzt konkrete, ja lyrische Bezugspunkte durch eingestreute Melodiefragmente und punktuell aufbrandende Crescendi. Erhard Großkopfs Hell 1 führt in ähnliche Richtungen, ebenso die Kompositionen von Yuval Shakeds mit seinen betont dunklen Stimmungsnuancen. Trotz ständig frappierender gestalterischer Finesse mutet die Abfolge mehrerer, von ähnlichem stoischem Gestus getragenen Stücke vor allem im Mittelteil der CD streckenweise etwas langatmig an, bevor das Trio schließlich in Jörg Birkenkötters Drei Sätze und Coda und Jo Kondos A Shrub wieder akzentuierter zur Sache gehen darf – das lockert auf.

Stefan Pieper [24.06.2009]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Bernfried E. G. Pröve
1Frottage I 00:02:17
2Frottage II 00:03:13
3Frottage III 00:04:42
Manuel Hidalgo
4Monotonie: Ich bin die Einsamkeit 00:08:16
Erhard Grosskopf
5Hell 1 00:15:15
Yuval Shaked
640malige Gegenwart und Rückmeldung 00:11:25
Jörg Birkenkötter
7Drei Sätze und Coda 00:23:50
Kondō
10A Shrub 00:10:58

Interpreten der Einspielung

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