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Besprechung CD

hänssler CLASSIC 98.530

2 CD • 2h 21min • 2008

29.05.2009

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die 1973 geborene, aus Taiwan stammende Jenny Lin – nicht zu verwechseln mit der knapp 20 Jahre jüngeren Kollegin Jennifer Lin aus Kalifornien –, diese Jenny Lin hat sich in den letzten Jahren als eine kompetente, besser und richtiger noch: begeistert-begeisternde Interpretin heutiger Musik im weitesten Sinne erwiesen. Mit selten aufgeführten Werke von Ernest Bloch, mit bis zum Stillstand sinnierenden, aufregend unspektakulären Stücken von Silvestrov, mit „Chinoiserien“ westlicher Autoren oder auch mit einer intelligent zusammengestellten Kollektion von „Russian Piano Preludes from 1905 to 1922“, die während bzw. unter dem Eindruck der russischen Revolution entstanden sind. Kein Zweifel also: die in New York lebende, in den USA und Europa von führenden Autoritäten wie Bashkirov, Goode und Bianca Uribe ausgebildete Lin verfügt über genügend Erfahrung und Einfühlung in die Welt Dmitri Schostakowitschs – in eine Welt des zeitlos Gegenwärtigen, des stilistisch Gebrochenen, des Aufbegehrens und des Resignierens mit starken Bezügen zum Denken und Komponieren der alten Meister In diesem Spannungsfeld ereignen sich – verkürzt beschrieben – Schostakowitschs 24 Präludien und Fugen op. 87.

Gewissermaßen unter der imaginären Schirmherrschaft Johann Sebastian Bachs erklingen zärtliche, bis an die Grenze der Wahrnehmung verhaltene Klänge, amüsieren im nächsten Moment clowneske, übermütige Tanzsalven, frappieren verrückt beschleunigte Fugen-Strudel – kurzum: die Interpretin ist gefordert, sich den meditativen Passagen hinzugeben, sie dem Schlaginstrument Klavier unter Vermeidung jeglicher Grobheit zu entwinden. Flugs darauf jedoch muss sie rüpelhaft zupacken können, muss sie krasse Hörbilder vor dem inneren Auge ihres Publikums ausgestalten. Jenny Lin gelingt dies im Vergleich zu den unten angegebenen Gesamtaufnahmen mit scharfem Fingerverstand, sie setzt eigene Akzente in Dynamik und Tongebung. Vor allem im Vergleich zu Ashkenazys später Decca-Einspielung empfinde ich Lin als die temperamentvollere, in den verwickelten Fugen-Beschleunigungen als die geschmeidigere Übersetzerin. Einzig den im Tumultösen noch stählerner phrasierenden, selbst im Lyrischen unbeugsam agierenden Konstantin Scherbakov erlaube ich mir in diesem Zusammenhang als fesselnde, sozusagen in der Vortragschemie noch „russischere“ Alternative hervorzuheben. Und natürlich zu nennen ist auch Sviatoslav Richter mit seiner Auswahleinspielung von sechs Nummern (Philips). Er bleibt in seiner unwiderstehlichen rhythmischen und koloristischen Autorität unübertroffen. Jedoch für ein „Viertel“ op. 87 im Schatten eines der allergrößten Interpreten zu stehen, da darf sich Jenny Lin leicht trösten. Und immerhin: Richter konnte, wollte sich nie zu einer Gesamtdarstellung dieses Opus 87 entschließen.

Vergleichsaufnahmen: Woodward (RCA), Ashkenazy (Decca 466 066-2), Scherbakov (Naxos 8.554745-46); Auswahl: Mustonen (RCA 61446 2), Nikolajewa (Nr. 2,7,14,15 /Orfeo C612031 B), Richter (Philips), Richter (Nr. 19 – 22 /Doremi DHR-7806), Judd (Nr. 15 /Chandos 9914), Pletnev (Nr. 21 /Melodia 52959 2), Koroliov (Nr. 5,8,24 /hrmk 033-06).

Peter Cossé † [29.05.2009]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Dimitri Schostakowitsch
124 Präludien und Fugen op. 87

Interpreten der Einspielung

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