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Besprechung CD

For Two Violins

cpo 777 159-2

1 CD • 56min • 2004

08.09.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Die Besetzung eines Stückes mit zwei Violinen solo ist äußerst reizvoll: Die Tonumfänge sind gleich, die Timbres ähnlich, so daß reizvolle Verwechslungsspiele die Fantasie des Komponisten anregen können. Seltsam, daß es angesichts dieser Reize nicht noch viel mehr bekannte Stücke für diese Konstellation gibt als die auf diesem Album versammelten; zu denken wäre allenfalls noch an einschlägige Arbeiten Luciano Berios.

Von den vier Stücken dreier Komponisten, die die beiden Geiger Thomas Christian und Daniela Preimesberger hier vorstellen, fiel die Sonate für zwei Violinen op. posth. des belgischen Violinvirtuosen und Komponisten Eugène Ysaÿe am spektakulärsten aus. Das klangliche Resultat ist über weite Strecken so üppig, daß der Hörer einer Sinnentäuschung erliegt und eine weit größere Anzahl von Instrumenten annehmen muß. Ysaÿe erreicht dies durch eine gleichbleibend hohe Frequenz von Doppel- und Mehrfachgriffen und der Verwendung von kleinstem, vor allem klanglich wirkendem Figurenwerk. Der Satz wirkt meist wie ein gut eineinhalb Oktaven nach oben geklapptes Streichquartett, ein Quartett ohne Baßfundament. Ein wenig mag man bedauern, daß Ysaÿe 1915 so wenig der Klarheit zweier einstimmig geführter Linien vertraute und nicht viel mehr mit der Kargheit der Besetzung arbeitete. Seine Intention geht generell eher dahin, diese Kargheit zu verdecken, die Möglichkeiten des Instruments quasi gedoppelt auszuschöpfen; auch, wenn Ysaÿe im zweiten Satz volksmelodisch schlicht wird, entwickelt er eine harmonische Farbigkeit, die Reger und Strauss zur Ehre gereicht hätte. Ysaÿe hat hier also kein Genre-Stück geschrieben, sondern eine ausladende, aber formal überlegen bewältigte große Sonate ausgeführt.

Daß dem Hörer ein Überblick erleichtert wird, liegt ein wenig auch am lebendigen Spiel der Musiker Christians und Preimesbergers. Beide stehen – wie einst Ysaÿe und seine Widmungsträgerin – in einem Lehrer-Schüler-Verhältnis und entwickeln große Zugkraft, ohne sich in vordergründige, vermeintlich „zupackende“ Effekte zu retten. Im Gegenteil wird auch pastose, weiche Tongebung sehr dicht geführt; hinreißend ist das hyperfeine Spiel in höchster Lage, sanft und sehnig zugleich; man höre etwa die Coda des ersten Satzes oder die wunderbar glasig gestrichene Episode am Schluß des langsamen Satzes.

Die ergänzenden Stücke von Milhaud und Honegger akzeptieren eher die Beschränkungen der Besetzung. Milhaud komponierte mit dem Duo (1945) und der Sonatine (1940) zwei Miniaturenfolgen, die sich auch bisweilen den besonderen kontrapunktischen Anforderungen der Zweistimmigkeit stellen. Honegger wagte es in seiner Sonatine (1920), besonders im intimen Mittelsatz Andantino, auch einmal, eine Violine von der anderen ganz schlicht begleiten zu lassen. Ohne die unterschiedlichen Konzeptionen Ysaÿes und Honeggers gegeneinander auszuspielen, sei doch auch festgehalten, daß der Letztgenannte bei aller Schlichtheit sich nicht mit einer verminderten Ausdrucksintensität begnügen muß. Eine äußerst aufschlußreiche und überdies kurzweilige Produktion.

Prof. Michael B. Weiß [08.09.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Eugène Ysaÿe
1Sonate op. posth. für 2 Violinen
Darius Milhaud
2Duo für 2 Violinen
3Sonatine für 2 Violinen
Arthur Honegger
4Sonatine für 2 Violinen

Interpreten der Einspielung

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