EMI 5 57610 2
1 CD • 60min • 2002, 2003
15.03.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Diese CD könnte statt „America: A Prophecy“ auch „Thomas Adès – A Portrait“ heißen. Adès, 1971 in London geboren und dort sowie in Cambridge ausgebildet, ist Komponist, Pianist und Dirigent. Er hat bislang Kammermusik, Orchesterwerke und zwei Opern komponiert und wurde für seine Musik mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen bedacht. Simon Rattle koppelte für sein Antrittskonzert als neuer Chefdirigent der Berliner Philharmoniker Thomas Adès’ Asyla für Orchester mit der Fünften Sinfonie von Mahler.
Die CD macht überwiegend mit Vokalkompositionen bekannt: America: A Prophecy ist eine Kantate für Mezzosopran, Chor und Orchester mit minimalistischen Zügen, in der Adès den Blick zurück auf die zerstörerische Eroberung des Maya-Reichs durch die Spanier richtet. Life Story nach Tenessee Williams kontrastiert Singstimme mit zwei Bassklarinetten und einem Kontrabaß. Mit The Lover in Winter, einer frühen Komposition für Countertenor und Klavier, vertont Adès einen mittellateinischen Text mit Assoziationen an Renaissance wie Romantik.
Immer wieder wird man bei Adès an frühere Epochen der Musik und an die europäische Tradition erinnert: so in dem hymnischen O Thou, who didst with pitfall and with gin mit interessanten Echo-Effekten, in Fool’s Rhymes, einer Mischung aus Predigt und Nonsense-Versen, in The Fairfax Carol auf einen Text aus der Tudorzeit oder January Writ nach einem Vers aus dem Buch Salomo. Doch was wie ein Zitat wirkt, ist mehr die Idee eines Zitats bzw. die immer wieder distanzierte Annäherung an einen anderen Stil. Das zeigt sich auch in Brahms, der kurzen Vertonung eines kurzen Gedichtes von Alfred Brendel für Bariton und Orchester, eine Musik, die auch spukhafte Züge hat, sich am Ende gar verflüchtigt. Hier zeichnet Adès „ein eigenes, doch dicht gedrängtes Portrait von Brahms, eine behutsame Umarmung, die sich ihm in vielen Zügen nähert, ohne ihn tatsächlich zu zitieren“ (Paul Griffiths).
Die CD enthält nur wenige instrumentale Stücke von Adès: Les baricades mistérieuses ist die ebenso stilvolle wie farbige Transkription eines der Couperinschen Pièces de clavecin. Adès’ besondere Zuneigung gilt François Couperin, dem herausragenden Vertreter der französischen Cembalomusik des Barock. Für einen jungen Mann von 33 Jahren eher untypisch umschreibt Thomas Adès seine Vorstellung von einem idealen Tag denn auch mit „zu Hause bleiben und Couperins Cembalowerke spielen – auf jeder Seite finde ich neue Anregungen“. Cardiac Arrest ist die originelle instrumentale Fassung eines Ska-Rock-Klassikers der Band Madness.
Die musikalische Qualität der Produktionen ist ausgezeichnet. Adès, der als Pianist und Dirigent an der Einspielung größten Anteil hatte, stehen exzellente Sänger und Instrumentalisten zur Verfügung. So sind Interpretationen von großer Suggestivität entstanden.
Peter Heissler [15.03.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Thomas Adès | ||
1 | America: A Prophecy op. 19 | |
2 | The Fayrfax Carol (1997) | |
3 | Fool's Rhymes (1992) | |
4 | January Writ (1999) | |
5 | Oh Thou, who didst with pitfall and with gin op. 3a (1990) | |
6 | The Lover in Winter für Countertenor und Klavier (vier Lieder, 1989) | |
7 | Life Story op. 8 (1993) | |
8 | Cardiac Arrest (1995) | |
François Couperin | ||
9 | Les Baricades mistérieuses (1994) | |
Thomas Adès | ||
10 | Brahms op. 21 für Bariton und Orchester (2001) |
Interpreten der Einspielung
- Susan Bickley (Mezzosopran)
- City of Birmingham Symphony Orchestra (Orchester)
- Thomas Adès (Dirigent)
- Polyphony (Chor)
- Robin Blaze (Countertenor)
- Huw Watkins (Klavier)
- Claron McFadden (Sopran)
- Christopher Maltman (Bariton)