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Besprechung CD zum Thema
Trauer / Tod

ambroisie AMB 9936

1 CD • 49min • 2003

17.06.2004

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Die Musikwelt gedenkt in diesem Jahr des dreihundertsten Todestages von Heinrich Ignaz Franz Biber (1668-1704), der bei seinen Zeitgenossen als Komponist und Violinvirtuose in phänomenalem Ruf stand. Die Anfänge seiner beruflichen Laufbahn lesen sich wie eine Abenteuergeschichte: Wer im 17. und 18. Jahrhundert als Musiker an einem Hof im Dienst stand, aß ein hartes Brot; in der Rangordnung der Bediensteten standen die Musiker auf einer niedrigen Stufe bei den Kammerdienern (valets de chambre). Als solcher trat der hochtalentierte Geiger Heinrich Ignaz Franz Biber im Jahr 1668 in die Dienste des Fürstbischofs von Olmütz, Karl von Liechtenstein-Castelcorno. Der war ein kunstsinniger Herr und pflegte an seinem Hof besonders die Musik – sein Hauptaugenmerk galt freilich der Blasmusik, sein Hoftrompeter-Ensemble hatte einen ausgezeichneten Ruf und wurde häufig an befreundete Höfe ausgeliehen.

Der Violinist Biber allerdings fiel durch seine Ausnahmebegabung auf, und schon nach zwei Jahren stand er bei seinem Dienstherrn in so hohem Ansehen, daß er nach Absam in Tirol zu dem berühmten Geigenbauer Jacobus Stainer geschickt wurde, um Instrumente für das Hoforchester einzukaufen. 24 Jahre war Biber jetzt alt, ehrgeizig und mit dem Dienst in der mährischen Provinz nicht zufrieden. Anstatt also folgsam zu Jacobus Stainer zu gehen und Geigen zu kaufen, brannte der junge Mann durch und diente sich dem Fürsterzbischof in Salzburg an, der den Titel des Primas von Deutschland führte und dessen Hof dem verschlafenen Kremsier, wo Fürstbischof Karl von Liechtenstein-Castelcorno residierte, turmhoch überlegen war.

Der Salzburger Bischof zögerte keine Sekunde, sich dieses außerordentlich begabten Musikers zu versichern, und die Versuche des düpierten Olmützers, seinen durchgebrannten Violinisten zurückzuholen, blieben lau angesichts des Rangunterschieds zwischen ihm und dem Primas von Deutschland. In Salzburg wurden dem Überläufer im übrigen keine Extrawürste gebraten, brav mußte er auch hier wieder auf der untersten Rangstufe der Diensbotenhierarchie als Lakai anfangen. Doch das Salzburger Hoforchester war ein vorzügliches Ensemble und bot Aufstiegsmöglichkeiten, so daß Biber nicht dauerhaft an die unteren Ränge der Dienerschaft gefesselt blieb. 1679 wurde er zum Vizekapellmeister der Salzburger Hofmusik ernannt, 1684 rückte er in die Stellung des Kapellmeisters auf.

Überregionale Anerkennung erhielt Biber durch die Veröffentlichung seiner Kompositionen. Der englische Musikschriftsteller Charles Burney schrieb 1789, mehr als acht Jahrzehnte nach Bibers Tod: „Unter allen Violinisten des vorigen Jahrhunderts scheint Biber der beste gewesen zu sein, und seine Soli sind die schwierigsten und einfallsreichsten aller Musik, die ich aus dieser Zeit zu sehen bekommen habe.“

Bibers Hauptwerk, die Violinsonaten mit den Rosenkranzsonaten als zentrales Opus, sind seit den siebziger Jahren in das Repertoire der Barockgeiger zurückgekehrt und liegen in einer Vielzahl vorzüglicher Schallplatteneinspielungen vor. Seine geistliche Musik stand bisher nicht im Mittelpunkt des Interesses, und diese CD zeigt deutlich, daß hier Nachholbedarf besteht. Das Requiem und die vier Offertorium-Motetten bestechen durch außerordentliche musikalische Qualität. Im Requiem fällt ein besonders inniger Tonfall auf, die Hoffnung auf die himmlische Erlösung bestimmt die Atmosphäre deutlich mehr als die Schrecken des Jüngsten Gerichts. In allen Kompositionen dieser Veröffentlichung überwiegt das konzertante Element bei weitem das dramatische, und die Violine schwebt oft über dem musikalischen Geschehen, das Ganze von oben her mit einem himmlischen Lichtstrahl beleuchtend.

Pierre Cao und seine Musiker des Ensembles Arsys Bourgogne werden den Meisterwerken des Salzburger Hofkapellmeisters in idealer Weise gerecht: sie treffen vorzüglich den intimen und spirituellen Ton der Werke, ohne dabei eine gewisse repräsentative Würde vermissen zu lassen. Vor allem gelingt es ihnen, dem Zuhörer die außerordentliche Qualität der Kompositionen zu vermitteln, und so kommt während der gesamten CD kein Gedanke der Langeweile auf. Diese Musik ist zwar alles andere als aufregend, äußerst spannend ist sie allemal!

Detmar Huchting [17.06.2004]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Heinrich Ignaz Franz Biber
1Requiem
2Requiem ex F con terza minore
3Huc Poenitentes
4Ne cedite mentes
5Quo abiit dilectus
6Lux perpertua

Interpreten der Einspielung

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